Ansicht Stadtraum Cotonou

Reimport

Reimport eines BMW deutscher Produktion aus Benin, Recherchereise, filmische und fotografische Dokumentation, Interviews.

Kamera Video: Joel Chabi-Kao, Ulrich Genth, Heiko Neumeister
Organisation vor Ort: Abou-Bakar Badarou, (Ben) Bienvenu Djossou, Christine Chabi-Kao

Fotos: Heiko Neumeister und Ulrich Genth

Maße variabel


Projektförderung der Stiftung KUNSTFONDS

Sowohl in Deutschland, als auch in Afrika ist das Auto Transportmittel aber auch Statussymbol. Viele Menschen sind abhängig von der Herstellung, dem Handel, der Instandhaltung und Verwertung der Fahrzeuge - abhängig von den Bedingungen lokaler, lokaler und globaler Geschehnisse.


Ein Auto gilt in Deutschland nur so lange als Fahrzeug, wie es mittels Reparaturen weitgehend in den technischen Originalzustand zurückversetzt werden kann und dies vom TÜV verbrieft ist. Defekte Fahrzeuge, die den in Deutschland gesetzten Standards nicht mehr entsprechen, deren Reparatur nicht mehr wirtschaftlich ist, und Fahrzeuge, die nicht mehr verkehrssicher sind, gelten als "Altfahrzeug“ und sind Abfall nach § 3 Absatz 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes.

Für das Projekt „Reimport“ wurde in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern in Cotonou ein BMW Baujahr 1995, von einer Privatperson gekauft und nach Deutschland reimportiert.
Der Besitzer, ein Autosattler von Beruf, hatte seinen alltäglichen Familienwagen zum Verkauf angeboten und inseriert. Äußerlich sieht man dem Wagen seine Lebensspanne in Benin erst auf den zweiten Blick an. Jedoch ist im Inneren vieles verändert und ausgetauscht worden.

Bremskraftverstärker, Servolenkung, ABS und alle weiteren elektronischen Systeme sind ausgebaut worden und der Besitzer hat die Sitzpolster nach seinem eigenen Geschmack neu beziehen lassen.

Das seinerzeit nach aktuellen technischen Standards entwickelte Produkt, das mit einer marktrelevant kalkulierten Lebensspanne versehen in Europa ausrangiert wurde, wird in Benin durch den Austausch von Teilen, Reparatureingriffe usw. zu einem Speicher unterschiedlicher Standards und reparatur-kultureller Praxen.

 

Während des Aufenthaltes in Benin wurden fotografische und filmische Eindrücke des Gebrauchtwagenhandels zwischen Europa und Westafrika gesammelt sowie die unterschiedlichen Reparaturpraxen und Handelssysteme untersucht.

Das Projekt stellt Fragen, wie wir mit Ressourcen umgehen und wie die Wahrnehmung in unserer Konsumgesellschaft auf neue und über den Wert des Neuen vermarktete Gegenstände programmiert ist.
Seit den Neunzigerjahren boomt das Geschäft mit dem Transfer gebrauchter Fahrzeuge von Europa auf den afrikanischen Kontinent. Autos aus Europa sind in vielen Ländern Afrikas begehrte Handelsware. Das Aussuchen und Erwerben der Fahrzeuge in Deutschland ist ein organisiertes Geschäft, betrieben von Händlerstrukturen aus Nordafrika und aus den afrikanischen Bestimmungsländern. Nach den Bedarfskriterien der afrikanischen Märkte werden gebrauchte Fahrzeuge direkt von deutschen Autobesitzer*innen aufgekauft und dann in Hamburg oder Bremerhaven auf Schiffe verladen. Im Bestimmungsland werden sie über lokale Händlerstrukturen wieder zum Kauf angeboten.
Über den Hafen von Cotonou in Benin werden Fahrzeuge für Westafrika importiert, verbleiben aber nur für kurze Zeit im Land, um in den sogenannten Autoparks zwischen Cotonou und Porto Nuovo repariert und zum Verkauf angeboten zu werden. Der größte Markt für die Fahrzeuge ist das bevölkerungsreiche Nachbarland Nigeria. Für Benin hat der Hafen von Cotonou eine große Bedeutung, er ist der größte Wirtschaftsfaktor des Landes.

Einfahrt der Grande Lagos in den Hamburger Hafen.

Der Autotransport erfolgt über sogenannte RoRo-Schiffe (Roll-on Roll-off), die eine Kapazität von bis zu 1500 Fahrzeugen haben und zusätzlich auch Container laden können.

Ausfahrt aus dem RoRo-Schiff auf das Terminal der HHLA im Hamburger Hafen.

Über das RoRo-Terminal der HHLA im Hamburger Hafen werden normalerweise Neufahrzeuge aus Deutschland in andere Länder exportiert oder gebrauchte Fahrzeuge in verschiedene Länder Afrikas verschifft. Nur wenige Fahrzeuge nehmen den umgekehrten Weg von Westafrika nach Deutschland.






© 2014-17 Ulrich Genth u. Heike Mutter